X
  GO

wwWissen-Themen-Menü:

 

Veranstaltungen von Andreas Bertolin:
www.bertolin.bz.it

 

wwWissen (Spezial) zum Nachlesen
Unser Familientablet

von Andreas Bertolin, 22.03.2022

Bei der Online-Infostunde wwWissen Spezial am Dienstag, 22. März gab es ein besonderes Thema in Kooperation mit dem Elki Gais und unterstützt vom Bildungsausschuss Gais: Unser Familientablet.

Buchempfehlungen:

  • „Die 5 Minuten Mama“ – Glaser, Ute – 1. Auflage 2021 – ISBN 978-3-8338-7889-3
  • „Das Buch von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen (und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast)“ – Perry, Philippa – 4. Auflage 2020 – ISBN 978-3-550-20074-8

Positive Eigenschaften
Ute Glaser – Grundschullehrerin, Journalistin und Autorin – bringt es auf den Punkt: „Technik fasziniert schon die Kleinsten.“ und „Kindern dem Zweck zuliebe etwas zu verweigern, kann sehr schwer sein.“ aber auch „In Ihnen (den Eltern) schlummert ein enormes Potenial, als Vorbild das Verhalten Ihres Kindes zu beeinflussen.“ Psychotherapeutin Philippa Perry schreibt auch konkret: „Wenn Sie oder Ihre Helfer ständig auf einen Bildschirm starren, wird Ihr Kind auch einen Bildschirm haben wollen, auf den es starren kann.“

Bilschirmgeräte sind aus unserer Gegenwart nicht mehr wegzudenken. Das Smartphone, das Allround-Bildschirmgerät, führen wir ständig mit, weil es in (fast) jede Tasche passt. In „Unser Familientablet“ soll ein kleiner Ausgleich geschaffen werden, indem man in der Familie ein Gerät etabliert, das allen gemeinsam gehört und deshalb schon per Definition nicht jedem jederzeit zur Verfügung stehen kann. Nebenbei hat das noch andere positive Eigenschaften: Teilen lernen, Bildschirmzeit sinnvoll nutzen, achtsam mit dem gemeinsamen Gut umgehen, richtige und sichere Computernutzung für später lernen.

Bildschirmzeit
Ich bin kein Medienpädagoge, deshalb sollte man bei der Frage, ob Kinder überhaupt Zugang zu Smartphone und Tablet haben sollten, Expertenmeinungen und Studien befragen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfielt beispielsweise Babys und Kleinkindern unter zwei Jahren keine Bildschirmzeit zu geben und Kleinkindern und Kindern mit drei bis vier Jahren maximal eine Stunde, wobei weniger besser ist (https://apps.who.int, S. 10-11).
Aus meiner IT-Sicht ist ein Computer – anders als ein Buch – eine Maschine und Maschinen erfordern ein gewisses Maß an Grundschulung für eine sichere, qualifizierte Benutzung. Kleinkinder, die die Welt erst erfahren müssen, können diese Grundschulung weder haben, noch erwerben. Und selbst größere Kinder würde man nicht ohne Einweisung und Aufsicht eine leistungsstarke Maschine bedienen lassen. Die Smartphone-Hersteller haben uns dahingehend ausgetrickst, indem sie den leistungsstarken Maschinen Smartphone und Tablet Kinderbedienkonzepte eingebaut haben (Zeigen, Tippen, Streichen, Pinzettengriff, bunte und blinkende Knöpfe). Mit dem Smartphone sind wir während der Benutzung auch noch in ständigem, physischem Kontakt.
Mit dem Familentablet möchte ich es Eltern einfacher machen, ihre Vorbildrolle wahrzunehmen, klare Bildschirm-Nutzungszeiten bestmöglich einzuhalten und Quengeleien besser handhaben zu können. Das Tablet kann dabei von Kindern von 3 - 7 Jahren benutzt werden.

Was man benötigt
Anders als bei einem Smartphone ist man mit einem Tablet in vielen Anwendungssituationen nicht ständig in physischem Kontakt. Das schafft etwas Distanz. Sinnvollerweise stellt man es hin, anstatt es zu halten. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, ein Tablet hinzustellen. Bei der Veranstaltung haben wir einige Möglichkeiten besprochen. Gut funktioniert eine Hülle mit Standfuß-Funktion, die zudem unterschiedliche Neigungswinkel des Tablets ermöglicht und sicher steht. Damit kann sich das Tablet dem Kind anpassen, anstatt umgekehrt. Durch die Hülle ist das Tablet und dessen Bildschirm gleichzeitig bei Nicht-Benutzung geschützt.
Auf dem folgenden Bild kann man eine Beispielskizze einer solchen Hülle sehen (da ich hier keine Produkte nennen möchte). Eine solche kann man online erwerben. Die Hülle verbleibt am Tablet, wird aufgeklappt und das Tablet in die passende Kerbe gestellt. Wichtig ist, dass man vor einem eventuellen Tabletkauf überprüft, ob es für das Modell eine passende Hülle gibt.

Das richtige Tablet
In der Veranstaltung haben wir besprochen, warum es sinnvoll ist, ein Tablet zu verwenden, das einen Mehrbenutzermodus bietet. Leider fällt Apples iPad dabei schon aus dem Rennen und auch einige Hersteller von Android-Tablets bieten diese Funktion aus unbekannten Gründen nicht, obwohl das Betriebssystem Android die Funktion enthält. Allerdings gibt es zwei Hersteller, die den Mehrbenutzerbetrieb nicht ausgebaut oder versteckt haben: Samsung und Lenovo. Da Samsung Marktführer ist, findet man auch sicher ein Modell im lokalen Fachhandel.
Wer bereits ein Tablet hat, das nicht den Anforderungen entspricht, kann trotzdem weiterlesen - spätestens wenn es um die Apps geht, passt so gut wie jedes Android-Tablet oder iPad.

Hier ein paar Eckdaten für ein derzeit (Stand 22.03.2022) sinnvolles Familientablet:

  • mindestens 32 GB Speicherplatz, besser 64 GB
  • mindestens 3 GB Arbeitsspeicher (RAM), 4GB falls der Preis stimmt
  • USB-C (das ist der Ladestecker den man nicht verkehrt einstecken kann)
  • Lagesensor (wird von einigen Spielen benötigt, schlimmstenfalls Beschleunigungssensor)
  • Bildschirmauflösung mindesten x800, besser x1200 (z.B. 2000x1200)
  • Android 11 oder höher/neuer

Aktuellere Anforderungen sind gegebenenfalls auf meiner Webseite zu finden.

Konkrete Modelle um die 200 €

  • Samsung Galaxy Tab A7 Lite (T220)
  • Samsung Galaxy Tab A8 (X200)
  • Lenovo Tab M10
  • Lenovo Tab P11

Ein Preisvergleichsdienst wie geizhals.at kann mit seinen Filtern helfen, eine Angebotsübersicht zu gewinnen.

Benutzer anlegen
Nach der ersten Inbetriebnahme merkt man von Mehrbenutzerfunktion noch nichts. Um einen weiteren Benutzer hinzuzufügen, geht man wie folgt vor:

  1. Systemeinstellungen öffnen (App mit Zahnradsymbol)
  2. "Konten und Sicherung" öffnen
  3. echts dann auf „Benutzer“ tippen
  4. „Benutzer oder Profil hinzufügen“ am Ende der Liste antippen
  5. „Benutzer (Eingeschränktes Profil)“ auswählen
  6. Name des Kindes eingeben (evtl. in Großbuchstaben)
  7. Rundes Profilsymbol antippen, Foto des Kindes anfertigen
  8. bestätigen und etwas warten, bis sich die App-Freigabeliste öffnet
  9. Apps aktivieren, die dem Kind zur Verfügung stehen sollen
  10. Folgende Apps aktivieren: "Galerie", "Dateien" und/oder "Eigene Dateien"

Für die Benutzerkonten der Erwachsenen ist der Vorgang derselbe, nur dass man bei Punkt 5 kein eingeschränktes Profil, sondern einen normalen Benutzer erstellt. In der Veranstaltung haben wir die Vorteile besprochen, den Hauptbenutzer (der beim ersten Start des Tablets erzeugt wird) separat zu belassen und evtl. für alle Elternteile ein eigenes, separates Benutzerkonto zu erstellen. Vergeben Sie als Name bei den Erwachsenen auch den "Titel", schreiben sie also z.B. "Vater - Andreas" (wenn gewünscht, in Großbuchstaben).

Positiver Zugangsschutz
Da die Erwachsenen sinnvollerweise einen Zugangsschutz für ihr Benutzerkonto einstellen (PIN, Muster, Passwort,...) machen wir für die Benutzerkonten der Kinder dasselbe. Das hat mehrere Vorteile für das Kind:

  • es lernt so schon frühzeitig und für später, wie Computersicherheit funktioniert
  • es versteht besser, warum die Erwachsenen ein Passwort haben
  • es lernt, sein Benutzerkonto von den anderen Benutzerkonten abzugrenzen
  • es ist stolz, dass es das Tablet gleichberechtigt bedienen darf
  • es übt, das eigene Passwort geheim zu halten
  • das Erinnerungsvermögen wird trainiert
  • mit steigendem Alter kann man sicherere Passwörter quasi spielend beibringen

Gleichzeitig bringt man dem Kind auch bei, dass die Eltern das Kinderpasswort auch wissen dürfen/müssen - weil sie verantwortlich sind - aber Bruder oder Schwester nicht. Das ist für später hilfreich, wenn das Kind groß genug für ein Smartphone ist und die Diskussion beginnt, warum die Eltern alle Passwörter wissen müssen und jederzeit Zugriff auf das Smartphone haben dürfen und müssen. Sicherheits-Tipp: Entsperr-Muster, PINs, Passwörter usw. (vorallem des Hauptbenutzers und der Kinder) aufschreiben und sicher verwahren.

Die App-Freigabe wiederfinden

  1. Systemeinstellungen (Zahnradsymbol)
  2. "Konten und Sicherung“
  3. "„Benutzer“
  4. Benutzerkonto des Kindes
  5. „Inhalts-/Anwendungsbeschränkungen“

Benutzerkonto personalisieren

  1. Bildschirm-Timout in den Systemeinstellungen unter "Anzeige" auf 30 Minuten stellen
  2. Hintergrundbild des Start- und Sperrbildschirms ändern
    1. Browser-App dem Kind freigeben
    2. Unter dem Kinderbenutzer den Browser öffnen
    3. Gewünschtes großes Bild in Suchmaschine suchen und abspeichern
    4. Auf dem Startbildschirm eine freie stelle lange antippen
    5. "Hintergründe" antippen, "Galerie" auswählen, Bild antippen, "Fertig" rechts oben
    6. "Als Hintergrund festlegen": "Sperr- und Startbildschirm"
    7. "Für Sperr- und Startbildschirm festlegen
    8. Freigabe für Browser-App über den Hauptbenutzer wieder deaktivieren
  3. Google-Suchleiste, Symbole "Play Store" am Startbildschirm lange antippen und "Entfernen"
  4. Symbol "Google" auf dem Startbildschirm lange antippen und "Deaktivieren"
  5. Apps aus der App-Liste/-Schublade auf den Startbildschirm ziehen

Die einzelnen Punkte haben wir in der Veranstaltung genauer besprochen. Beim Hintergrundbild bitte darauf achten, etwas mit durchgehenden Flächen zu verwenden, damit man die App-Symbole auf dem Startbildschirm noch gut erkennbar sind und nicht im Hintergrundgewirr untergehen.

Eine Auswahl an Apps
In der Veranstaltung haben wir uns die folgenden Apps genauer angesehen und besprochen. Sehen sie sich als Eltern die Apps immer zuerst alleine an und entscheiden, ob diese für ihr Kind in Ordnung sind. Das scheint zwar im ersten Moment mehr Aufwand zu sein, in Wirklichkeit kommt es aber durch die Vorauswahl zu weniger Auseinandersetzungen später. Der vermeintliche Zeitverlust ist eine Investition und amortisiert sich innerhalb weniger Tage.
Außerdem sollte man ein Überangebot vermeiden, also dem Kind Zeit lassen, sich mit einer App ausgiebig und über Wochen mit einer App zu beschäftigen, bevor man eine weitere freigibt. Es darf auch gerne eine ordentliche Pause zwischen der letzten Benutzung der einen App und einer neuen geben.
Alle vorgestellten Apps gibt es sowohl für Android als auch Apples iPad:

  • 3 Jahre
    • DerElefant - Hersteller "Westdeutscher Rundfunk / WDR"
    • LEGO DUPLO Connected Train - Hersteller "LEGO Systems A/S"
    • Malbuch - Hersteller "Bimi Boo Kids Learning Games"
  • 4 -5 Jahre
    • DieMaus – Hersteller „Westdeutscher Rundfunk / WDR“
    • Conni Uhrzeit – Hersteller „Carlsen Verlag GmbH“
    • Blitzrechnen 0 – Hersteller „Ernst Klett Verlag GmbH“
    • Grüffelo: Spiele – Hersteller „Magic Light Pictures“
  • 6 -7 Jahre
    • ANTON – Hersteller „ANTON – The Learning App for School“
    • Conni Mathe 1 (und 2) – Hersteller „Carlsen Verlag GmbH“
    • FragFINN – Hersteller „FragFINN e.V.“
    • RaiPlay Yoyo – Hersteller „RAI Radiotelevisione Italiana S.p.A.“
    • Netflix – Hersteller „Netflix Inc.“

Schlussbemerkung
Was hätten wohl Menschen früher gegeben, das Wissen der Welt in der Hosentasche tragen zu können und auch noch simpelst per Stichwortsuche in Sekunden darauf zugreifen zu können! Und was machen wir hauptsächlich mit diesem Zugang? Viele von uns lassen sich unterhalten und berieseln. Tatsächlich sollten wir zumindest unseren Kindern zuerst ein Werkzeug an die Hand geben, das ihr Leben bereichert und nicht bloß Langeweile mit irgendwelchen Inhalten vertreibt. Für Unterhaltung bleibt ihnen noch ein ganzes Leben.